Hallo,
Ich komme von der Elfenbeinküste. Ich wurde in Abidjan, genau gesagt in Adjamé geboren. Ich bin der einzige Sohn meiner Mutter. Am Anfang war alles gut. Wir waren weder reich noch die Ärmsten. Wir lebten ruhig mit unseren Mitteln. Meinen Vater kannte ich nicht. Ich wollte immer wissen, wo er war, aber jedes Mal wenn ich meine Mutter fragte, wurde sie traurig und ich sah in ihren Augen, dass sie nicht darüber sprechen wollte. Deshalb hörte ich irgendwann auf danach zu fragen.
Meine Mutter verkaufte Früchte, zum Beispiel Bananen, Orangen, Mangos und noch vieles mehr. Am Wochenende arbeitete sie als Empfangsdame. Sie bekam Geld, wenn jemand ein Zimmer wollte und sie zeigte den Gästen das Zimmer. Das war alles, was sie mir von ihrer Arbeit erzählte. Es war für mich immer schwer allein zu sein. Ich hatte keine Freunde, weil meine Mutter fand, dass all diese Kinder zu gefährlich waren. Sie hatten keinen Respekt vor anderen.
Ich ging zur Schule. Eigentlich war es keine Schule. Wir hatten keine Schuluniformen und es gab nur einen kleinen Raum, in dem wir den ganzen Tag geschlagen wurden ohne zu lernen. Der Lehrer war unfreundlich und wusste nur, wie man Kinder schlagen kann.
Fast jeder nannte mich „Null“. Sie sagten, „ich könne nichts“. Das machte mich sehr traurig, doch meine Mutter meinte, ich solle es ignorieren. Ich wäre intelligenter und stärker als die Leute die mich „Null“ nannten. Ich erinnere mich, dass ich eines Tages die Beleidigungen nicht mehr aushielt und mit einem von ihnen kämpfte. Am Ende nahm er einen Stein, warf ihn auf mich und traf mich neben meinem Auge. Meine Mutter brachte mich ins Krankenhaus und als wir zurück kamen, versprach ich ihr, nie wieder zu kämpfen.
2016 wurde meine Mutter schwer krank. Wir hatten nicht die Mittel, also brachte sie ihre beste Freundin zu einem traditionellen Heiler. Ich ging mit ihrer besten Freundin einmal in diese Klinik um sie zu besuchen. Es ging meiner Mutter sehr schlecht und sie meinte, ich solle bei ihrer Freundin bleiben. Ich habe den ganzen Tag geweint. Meine Mutter in diesem Zustand zu sehen, schmerzte mein Herz. Meine Mutter war meine Heldin, meine beste Freundin, meine Vertraute. Sie war die einzige Person, die mich verstand.
Nach ein paar Tagen sprach die ganze Nachbarschaft von der Erkrankung meiner Mutter. Sie sagten, sie leide an allen möglichen Krankheiten. Auch in der Schule wussten es alle Schüler.
Sie rannten vor mir weg, wollten nicht neben mir sitzen und behandelten mich wie einen Aussätzigen. Es war entsetzlich, wie mich die Leute in diesem Alter behandelten. Entschuldigung, aber ich kann hier nicht all die Beleidigungen und Bosheiten erzählen, die mir in dieser Zeit angetan wurden.
Nach ein paar Wochen bei dem Heiler, starb meine Mutter. Erst zwei Wochen später hatte ihre beste Freundin den Mut es mir zu sagen. An diesem Tag habe ich nichts verstanden. Erst in der Nacht habe ich verstanden, dass ich mein ganzes Leben ohne meine Mutter leben werde, so wie ich bereits ohne Vater war. Ich weinte. Meine Mutter ging, ohne ein kleines Lebewohl zu sagen, ohne dass ich ihr sagte, wie sehr ich sie liebe und dass sie alles für mich war. Es war zu spät.
Der Mann ihrer besten Freundin kam nach einer kurzen Zeit zurück von seiner Reise und fragte seine Frau, wer ich sei. Er wollte nicht, dass ich bei ihnen bleibe. Sie brachte mich daraufhin zu ihren Freunden und gab ihnen Geld für mein Essen. Drei Wochen später, holte mich ein Mann ab. Er sollte einen Platz finden, wo ich leben kann und für meine Sicherheit sorgen. Ich ging mit ihm.
Ich wusste nicht, wohin wir gehen und jedes Mal, wenn ich diesen Mann fragte, drohte er, wenn ich weiter reden würde, würde er mich einfach hier lassen. Ich hatte Angst vor ihm, deshalb schwieg ich und tat alles was er wollte.
Wir kamen nach Libyen und lebten dort eine viel zu lange Zeit. Doch darüber und die Reise hier her möchte ich nicht reden. Es war unmenschlich.
Als ich in Deutschland ankam, erwischte mich zum Glück die Polizei und brachte mich in die Wohngruppe in der ich jetzt lebe. Ich bin dankbar, dass ich mit so tollen Menschen zusammen leben und in die Schule gehen kann. Ich bin stolz darauf, mit euch befreundet zu sein und meine Geschichte mit euch zu teilen.
Es ist für mich ein Sieg, mit euch hier zu sein. Deshalb lächle ich immer, mache Spaß und hoffe, dass ich irgendwann vergessen kann.